#19 Mendoza – Neujahr im Weinparadies

Ehrlich gesagt konnten wir uns unter Mendoza relativ wenig vorstellen, bis wir es für fünf Tage besucht haben. Mit 120.000 Einwohner*innen ist die Stadt für südamerikanische Verhältnisse eigentlich nicht besonders groß, doch in ihrer Metropolregion leben immerhin um die 1,2 Millionen Menschen.
Wir wussten lediglich, dass es sich dabei um die Weinregion Argentiniens handelt. Kein Wunder, dass der Wein hier besonders gut schmeckt, denn es ist das ganze Jahr über weitgehend trocken und sonnig. Doch die Bewässerung der Weinberge muss allerdings aufgrund dessen künstlich erfolgen, ebenso wie die Bewässerung der gesamten Stadt, damit sie so prächtig grün leuchtet, wie sie es eben tut. Mendoza ist für 80% der Weinexporte Argentiniens verantwortlich und immerhin 50% der Exporterlöse Mendozas sind auf den Weinanbau zurückzuführen. Besonders die Rebsorte Malbec wird hier angebaut, aber man findet auch Weißweine wie den Sauvignon Blanc, Chardonnay und eine bei uns eher unbekannte Sorte, den Torrontes.


Logisch also, dass eine der beliebtesten Touristenaktivitäten hier das Weinverkosten ist. Das kann man zu Fuß machen, sofern die eigene Behausung gut gelegen ist, mit dem Fahrrad oder sogar mit dem täglich verkehrenden „Hop-On-Hop-Off“-Weinbus, der jeden Tag eine andere Region ansteuert und mit dem man sich von Weingut zu Weingut chauffieren lassen kann.
Nach einer relativ kurzen Nacht, die wir teils im Nachtbus, teils beim Anstehen an der Grenze zwischen Chile und Argentinien verbracht haben, kommen wir in Mendoza gegen 5.30 Uhr morgens ohne Internetverbindung an. Glücklicherweise finden dann gegen 6.00 Uhr ein Café, wo wir uns erstmal mit einem Kaffee und dem typisch argentinischen Frühstück Medialuna (eine sehr süße Variante vom Croissant) stärken und connecten, um ein Taxi zu unserem etwas außerhalb liegenden Hotel mit dem vielversprechenden Namen „Chalet de Bassi“ zu rufen. Der Besitzer ist zum Glück super freundlich und spendiert uns erstmal einen zweiten Kaffee und dann dürfen wir schon viel früher als geplant einchecken, sodass wir doch noch zu einem Stündchen Schlaf gelangen, doch das Nickerchen müssen wir kurz halten, denn – wir haben heute schon unsere erste Weintour geplant und zwar mit dem Fahrrad.


Nachdem wir unsere Fahrräder abgeholt haben, bekommen wir eine Karte mit der Route und den Lokalitäten und uns wird klar, dass wir hier nicht zwischen malerischen Weinbergen auf Fahrradwegen herumschlenkern, sondern meistens an einer relativ viel befahrenen Straße fahren. Das scheint uns zunächst doch ein etwas aberwitziges Unterfangen: Zunehmend betrunkene Ausländerinnen mit klapprigen Fahrrädern an einer vielbefahrenen Straße entlangfahren lassen? Ohne Helm? In Chile durfte man nicht einmal ohne Helm und Warnweste durch einen Nationalpark fahren!
Glücklicherweise kann Mendoza mit einem sehr weitgesponnenen Netz aus Fahrradwegen aufwarten, sodass die ganze Sache dann doch deutlich weniger lebensmüde ist, als sie zunächst scheint. Wir starten vernünftigerweise erstmal mit einem Tasting von Olivenöl und verschiedenen Brotaufstrichen, um uns etwas Grundlage anzuessen, doch wird dies schnell ergänzt durch ein Glas kräftigen Rotwein und eine Degustation von drei hausgemachten Likören. Habe ich schon erwähnt, dass es gerade 11 Uhr morgens ist? Danach wollen wir weiter zu einem Weingut, dass vegane Bioweine vertreibt, doch leider haben sie zwischen den Jahren geschlossen. Wir radeln weiter zu MEVI und werden hier nicht nur mit einer Verköstigung dreier leckerer Weine und einer Käseplatte belohnt, sondern auch mit einem einzigartigen Blick über die Weinfelder (ja, Felder – keine Berge), an die sich die schneebedeckten Berge der Andenkordillere anschließen. Wo sieht man schon einmal sowas – Weinberge und schneebedeckte 5000er? Immerhin ist der höchste Berg Südamerikas, der über 6900 Meter hohe Aconcagua, nicht weit von Mendoza. Leider dauert der Aufstieg 18 Tage und erfordert einiges an Bergsteigerinnenerfahrung, sodass wir nicht auf die Idee kommen, eine Besteigung auch nur in Erwägung zu ziehen. Ein Trekking am Berg kostet für 3 Tage immerhin stolze 210 US-Dollar Eintritt (was ungefähr 50-60 Weintastings entspricht) und ist uns damit schlichtweg zu teuer. Wandern werden wir in den kommenden zwei Monaten ohnehin noch mehr als genug!

Nachdem wir einige Stunden bei MEVI verbringen durften, fahren wir unsere letzte Station, die Bodega La Rural, an. Hier gibt es für umgerechnet etwa 8€ eine Führung durch das Weinmuseum und eine Verkostung eines Weiß- und Rotweins des Hauses. Das Gute ist jedoch, dass man die 8€ am Ende der Tour selbst in Wein investieren darf! Wir entscheiden uns für einen Sekt zum Anstoßen für Silvester, einen Chardonnay und einen Gewürztraminer-Riesling (heißt hier auch so), denn ehrlicherweise sind Rotweine ja nicht so unser Ding.

Für Silvester brauchen wir den Sekt zum Anstoßen dann aber gar nicht, denn wir sind beim Italiener Francesco und der serviert uns zu jedem der vier Gänge Wein und Sekt nach Belieben. Wir starten mit einer leckeren Vorspeise und Weißwein, gefolgt von vegetarischer Lasagne mit Rotwein, dann wieder Weißwein und Ratatouille und eigentlich sind wir schon mehr als satt und leicht angeschickert als der Nachtisch mit dem Sekt zum Anstoßen kommt und prompt ist auch schon Mitternacht und das Jahr 2024 wird eingeläutet.

Gegen 2 Uhr sind wir aber schon im Bett, aber das ist für unsere Verhältnisse dermaßen spät, dass wir erstmal ausschlafen müssen. Am nächsten Tag gehen wir picknicken im größte Park Mendozas und gönnen uns abends den gekauften Wein vom Weinmuseum. An Neujahr ist in Mendoza ziemlich tote Hose, deshalb sind wir froh, dass wir mit Picknick und Wein vorgesorgt haben.

An unserem letzten Tag fahren wir dann auf Anraten unserer schwedischen Freunde zum Weingut Piedras 202, wo ausschließlich Sekt produziert wird. Viel mehr Wein können wir ehrlich gesagt auch langsam nicht mehr trinken. Das Weingut ist ziemlich abseits und das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert ist noch mit dem originalen Mobiliar ausgestattet. Natürlich gibt es zur Begrüßung erstmal einen Sekt und danach eine Führung durch die Produktionsanlage und die verschiedenen Techniken der Schaumweinproduktion. Eine geht schnell und dauert gerade einmal 6 Monate, die andere schnell man bis zu 5 Jahre – natürlich mit einem wesentlich exquisiteren Ergebnis. Nach der Führung bekommen wir Schnittchen und Sekt zum Probieren und wir wünschten, wir hätten noch mehr Platz im Rucksack, um die ein oder andere Flasche mitnehmen zu können.

Alles in allem ist Mendoza auch nüchtern betrachtet ein ziemlich schönes Fleckchen. Das Wetter ist herrlich, die Stadt sauber und grün, es gibt nette Bars und Cafés und zahlreiche italienische Restaurants. Besonders positiv fallen uns die außerordentlich freundlichen Menschen hier auf und wir wüssten zu gerne, was es ist, dass den Menschen hier so gute Laune macht.

Nach Mendoza geht es nun zurück nach Chile, wo das Wetter wieder etwas schlechter ist. Zum Glück müssen wir aber nicht lange im chaotischen Santiago bleiben, denn unser lang ersehntes Roadtrip-Abenteuer steht kurz bevor.

Davon berichten wir euch dann mehr nächsten Sonntag!

Hannah y Felix

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