Von Montanita ging es über Guayaquil zunächst nach Piura. Von dort dauerte es gerade einmal weitere neun Stunden, bis wir unser Ziel Trujillo erreichen sollten. Die Stadt ist die drittgrößte Stadt Perus und nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Stadt in Spanien (was übrigens häufiger der Fall ist und von der spanischen Besetzung herrührt). Je nach Erfassungszeitraum und Quelle leben zwischen 300.000 und 500.000 Menschen hier. Neben dem historischen Zentrum ist die Stadt aufgrund des naheliegenden UNESCO-Weltkulturerbes Chan Chan und den archäologischen Stätten Huaca de la Luna und Huaca del Sol sowie El Brujo sehenswert. Heute wird es etwas geschichtsträchtig!
Die archäologische Stätte Chan Chan kann man vom Zentrum aus bequem mit den öffentlichen Bussen erreichen. Vor Ort gibt es ein Museum, wo man einige der Funde der Ausgrabungsstätte besichtigen kann und seine Tickets für 10 Soles pro Person kauft. Leider wurde die Ausgrabungsstätte schon früh Opfer von Grabräubern, sodass viele der einstigen Schätze wohl für immer verschollen sind. Aufgrund der exponierten Lage und der Bauweise der Anlagen ist das Weltkulturerbe zusätzlich vom Zerfall bedroht. Denn nur 2 km entfernt liegt der Pazifik, dessen Salzwasserbrise die Lehmbauten gemeinsam mit Regen und Wind schon zu großen Teilen abgetragen hat. Nur durch Auftragen einer Schutzschicht und Überdachung können die restlichen Gebäude bewahrt werden. Dennoch musste bereits vieles erneuert und rekonstruiert werden. Neben dem einzigen begehbaren Teil der heute 28 km² großen Anlage gibt es noch neun weitere Palastanlagen, die aber entweder noch nicht ausgegraben wurden oder gerade erforscht werden. Die von uns heute als Chan Chan bezeichnete Anlage stammt aus der Chimú-Kultur, die hier zwischen der Mitte des 13. Jahrhunderts bis Ende des 15. Jahrhunderts lebten und später von den Inca entmachtet und in deren Reich integriert wurden, welche wiederum von den spanischen Kolonialisten in blutigen Kämpfen geschlagen wurden. So fiel die einst von den Inka eingenommene Stadt letztlich der Zerstörungswut der Spanier zum Opfer. Noch vor den Chimú wurde die Region von den Moche besiedelt, deren Reich sich bis nach Chiclayo in Richtung des heutigen Ecuador und im Süden bis nach Huaraz im heutigen Peru ausdehnte:
Die Stadt Chan Chan zählte auf ihrem Höhepunkt je nach Schätzungen bis zu 100.000 Einwohner*innen und war damit die größte Südamerikas. Bis heute ist es jedoch schwierig, die Geschichte der Chimú zu rekonstruieren, da sie kein Schriftsystem hatten. Man weiß jedoch, dass der Gott des Mondes und des Meeres die beiden höchsten Gottheiten dieser polytheistischen Gruppe waren. Gleichzeitig konnten Grabfunde zeigen, dass die Chimú vermutlich Menschen und Lamas opferten, um die Götter zu besänftigen.
Der Archäologe Max Uhle schrieb bereits 1913 über die Ruinenanlage, die im Jahr 1986 von der UNESCO in ihre Welterbe-Liste aufgenommen wurde. Aufgrund der Zerstörung durch Witterung und Erdbeben ist Chan Chan auch unter den gefährdeten Weltkulturerbestätten gelistet. Heute kann man nur die Anlage Nik-An besichtigen. Davon erhalten sind ein großer und ein kleiner Platz für Zeremonien, ein Korridor, welcher vermutlich dem Handel diente, Altare in den einzelnen Sälen, eine Grabplattform, die gerade gesperrt ist und ein großer Bereich, der vermutlich der Lagerung von Lebensmitteln diente. Außerdem verfügt die Stadt über Süßwasserspeicher und mehrere Kanäle zur Wasserversorgung der Bevölkerung. Angeblich dauerte es 10 bis 11 Jahre, bis die Inka die Stadt schließlich durch einen Hinterhalt erobern konnten.
Die beiden Stätten Huaca de la Luna (Heiligtum des Mondes) und Huaca del Sol (Heiligtum der Sonne) stammen aus der Moche-Kultur, die vor den Chimú im dortigen Gebiet zwischen dem 1. und 8. Jahrhundert n.Chr. angesiedelt war. Die beiden Pyramiden liegen einander gegenüber, jedoch kann nur die Huaca de la Luna besucht werden. Sie stellte das spirituelle und rituelle Zentrum der Stadt dar, während die Huaca de Sol das politische Zentrum war. Zwischen den beiden Pyramiden lagen Häuser, in welchen die Bevölkerung lebte. Das Wort „Huaca“ ist Quechua, die Landessprache der indigenen Bevölkerung und bedeutet so viel wie Heiligtum. Die beiden Namen wurden den Orten aber erst später verliehen; wie sie ursprünglich von den Moche genannt wurden, konnte bisher nicht rekonstruiert werden.
Interessant ist vor allem die Architektur des Gebäudes, die es ermöglichte, dass heute noch die Farben der ältesten Teile im Inneren erhalten geblieben sind. Nach einer Periode von 80 bis 100 Jahren haben die Moche jeweils ihre alte Pyramide zugemauert und darauf eine größere, neuere errichtet, sodass das Gebäude im Laufe der Zeit immer höher und größer wurde. Durch das Verschließen der älteren Gebäudeteile konnten diese erhalten bleiben, während die äußeren Schichten stark von der Witterung beeinträchtigt wurden. Ebenso wie die Chimú fand man auch hier Massengräber, die von Menschenopfern zeugen. Anders als die Chimú aber wurden hier keine Kinder, sondern nur erwachsene Männer geopfert, um die Götter zu besänftigen. Die wichtigste Gottheit der Moche ist der Gott des Berges und ist auf den zahlreichen Fresken abgebildet. Während die Chimú als friedliches Volk gehandelt werden, waren die Moche eine Kriegerkultur. Dies konnte aus den Wandbemalungen rekonstruiert werden: Sie zeigen die Sieger einer Schlacht und die Verlierer, deren Kopfschmuck und Kleidung entfernt wurde und die an Ketten gebunden hintereinander laufen. Auch Bilder ritueller Tänze sind noch erhalten, ebenso wie die Abbildungen verschiedener Tiere wie Spinnen, Schlangen und zweiköpfiger Fabelwesen. Das Kriegerische des Volkes wird auch in diesen Abbildungen deutlich, wenn etwa das zweiköpfige Fabelwesen des abgeschlagenen Kopf des Feindes in der Hand hält.
Wer genug hat von Ruinen, kann von Chan Chan aus weiter nach Huanchaco fahren. Der Ort mit knapp 12.000 Einwohner*innen ist ein beliebter Ort zum Surfen und hat eine lange Promenade mit zahlreichen Restaurants. Außerdem finden sich hier noch die Nachfahren der Chimú-Kultur und deren durch ihre besondere Bauweise auffallenden Boote.
Wie geht es nun mit unserer Reise weiter?
Von der Küste in Trujillo geht es mit dem Nachtbus in die Berge auf das 3000m hoch liegende Huaraz, wo man spektakuläre Wanderungen unternehmen kann. Dort haben wir allerdings mit vielen Leuten gesprochen und unsere ursprünglichen Pläne haben sich komplett geändert. Wir fahren also zurück in den Norden, nach Tarapoto, in den Amazonas-Dschungel und dann erst nach Lima (vielleicht mit einem Zwischenstopp in Chachapoyas, um die 29 Stunden Busfahrt irgendwie zu splitten…). Von dort machen wir einen kurzen Zwischenstopp in Nazca, um dann nach Cusco zu fahren. Von da aus geht es dann über den Titicaca-See nach Bolivien (was wir ursprünglich gar nicht geplant haben). Dafür müssen wir auf einen Abstecher nach Arequipa und den Colca-Canyon verzichten, aber können noch 2 Wochen dort Bolivien reisen!
Wir melden uns wieder aus Huaraz! Dort werden wir vermutlich 10 Tage oder mehr bleiben, denn das Wanderparadies lockt nicht nur mit spektakulären Tageswanderungen, sondern auch mit herausfordernden Multi-Day-Treks. Wir freuen uns schon darauf und wünschen euch bis dahin einen sonnigen Sonntag!
Hannah y Felix