Der Name Chachapoyas wurde von dem gleichnamigen präkolumbianischen Volk der Chachapoya abgeleitet, die in dieser Region lebten. Diese wurden vermutlich im 15. Jahrhundert von den Inka angegriffen, welche ihnen den Namen „Chachapoya“ gegeben haben, was auf Quechua so viel bedeutet wie „Wolkenmenschen“ oder „Nebelkrieger“. Der Name könnte zum Einen daher kommen, dass es sich bei den Chachapoya um ein durchaus kriegerisch veranlagtes Volk handelte, zum anderen könnte er auf die Lage der Stätten zurückzuführen sein, die hoch oben im Nebelwald lagen. Da die Chachapoya keine Schriftzeugnisse hinterließen, weiß man bis heute nur sehr wenig über sie. Archäolog*innen vermuten, dass bisher etwa nur 5% der gesamten historischen Stätten in dem Gebiet um Chachapoyas entdeckt wurden und es sich um eine der Regionen mit den meisten präkolumbianischen Stätten Südamerikas handeln könnte. Doch die Gebiete sind schwer zugänglich, sodass man bisher nur wenig entdeckt hat und noch weniger erschließen konnte. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, woher die Chachapoya stammten und wie sie genau gelebt haben.
Die Festung Kuélap zählt zu den wenigen bekannten und gleichzeitig zu den beeindruckendsten Stätten der Chachapoya-Kultur. Es wird vermutet, dass bereits um 500 n. Chr. erste Völker hier siedelten und ab ca. 800 n. Chr. eine vereinte Kultur entstand. Die Festung Kuélap kann man heute besichtigen und ist dank einer Seilbahn, die 2017 eröffnet wurde, mittlerweile auch leicht für Besucher*innen zu erreichen. Nicht weniger beeindruckend sind die Sarkopharge bei Karajia, die man 1965 fand und ebenfalls den Chachapoya zuordnen konnte. Diese aufrecht stehenden Lehmfiguren sind in die Felswände der Anden eingearbeitet und einzigartig in der Bestattungskultur, sodass man sich sicher ist, dass diese nur den Chachapoya zuzuordnen sind, da diese ihre Toten senkrecht bestatteten und teilweise in Mauern und Felswände, nun ja „einarbeiteten“.
Teile der Festung Kuélap kollabierten in Februar 2022, sodass die Festung für über ein Jahr geschlossen blieb. Mittlerweile sind kleine Teile davon wieder für Tourist*innen zugänglich, aber der Großteil ist noch gesperrt und wird mühsam wieder aufgebaut und gestützt, um weitere Zusammenbrüche zu vermeiden. Besonders charakteristisch sind die rund 500 runden Bauten mit einer beachtlichen Höhe, die vermutlich als Wohnhäuser gedient haben könnten. Hinzu kommen einige größere, rechteckige Bauten sowie El Tintero, das Tintenfass, das seinen Namen aufgrund seiner Form bekam. Sein Nutzen ist jedoch bis dato ungeklärt. Interessant ist auch, dass man die Festung nur über drei Eingänge erreichen kann, die nach Innen hin so schmal werden, dass nur eine einzelne Person hindurchpasst. Es ist naheliegend, dass dies neben den Wachtürmen eine weitere Form der Verteidigung war und so das Eindringen von feindlichen Kriegern verhindert werden sollte.
Trotzdem wurden die Chachapoya im 15. Jahrhundert den Inka unterworfen und ein gutes Jahrhundert wiederum trafen die spanischen Eroberer ein, welche das Volk durch mitgebrachte Krankheiten und Kämpfe dezimierten.
Die Seilbahn, die 2017 eröffnet wurde, ist der ganze Stolz der Region, denn es ist die erste Seilbahn Perus überhaupt. Stolze 4 Kilometer ist sie lang und führt über den Canyon direkt zur Festung Kuélap.
Ein zweites Highlight der Region ist der Wasserfall Gocta, der zu den höchsten Wasserfällen der Welt zählt. Der nahegelegene Wasserfall Yumbilla ist mit 870 m zwar noch höher und sogar der dritthöchste Wasserfall der Erde, doch er führt nur während der Regenzeit Wasser und ist daher weniger beeindruckend für Besucher*innen. Der Gocta-Wasserfall zählt immerhin stolze 771 m, die sich über zwei Stufen erstrecken. Wer weniger Wanderlust mitbringt, wandert nur zur ersten Stufe; wir jedoch nahmen den anstrengenden Aufstieg in Kauf und liefen noch weiter bis zum zweiten Fall. Obwohl der Wasserfall eine derart imposante Größe hat, wurde er erst im Jahr 2000 von deutschen Ingenieuren auf der Suche nach Trinkwasser für die Region entdeckt.
Unsere Wanderroute begann – anders als geplant – in Cochachimba. Dies ist der Ausgangspunkt für die kürzere Wanderung zum Wasserfall, die wir nicht machen wollten. Wir wollten stattdessen in San Pablo starten und dann in Cochachimba unsere 18 Kilometer lange Wanderung beenden. Da jedoch die Straßen sowohl nach Cochachimba als auch nach San Pablo neu geteert wird, ist diese nur an drei Zeitpunkten für jeweils 15 Minuten geöffnet. Da wir es nicht rechtzeitig zur Öffnung nach San Pablo schaffen würden, mussten wir also in Cochachimba starten. Der Nachteil, in diese Richtung zu laufen ist, dass man die zahlreichen Höhenmeter nicht bergab, sondern bergauf gehen muss – doch dies sollte uns nicht abhalten. Wir wanderten also gegen 10.30 Uhr los zum ersten Wasserfall, wo wir nach etwa 1,5 Stunden ankamen. Nachdem wir mit zahlreichen weiteren Tourist*innen den imposanten Wasserfall bewundert hatten, machten wir uns auf zum wirklich anstrengenden Teil, nämlich zum zweiten Wasserfall in Richtung San Pablo, wo man in wenigen Kilometern gut 600 Höhenmeter zurücklegt. Einen Portugiesen, Luis, überzeugten wir, doch noch mit uns mitzukommen und so liefen wir zu dritt weiter. Den Wasserfall hatten wir dieses Mal ganz für uns alleine. Noch weitere 8 Kilometer mussten wir dann bis San Pablo laufen, dieses Mal jedoch zum größten Teil bergab. Gegen 16.30 Uhr erreichten wir dann unser Ziel, doch mussten noch eine Stunde warten, bis die Straße geöffnet wurde. Leider gab es auch weit und breit kein Taxi oder einen Bus, der uns hätte mitnehmen können. Doch wir hatten Glück: Ein Mitarbeiter der Stadt Chachapoyas nahm uns im Auto mit zurück – und weil Freitag war, spendierte er uns dreien noch ein Wegbier. So viel Gastfreundschaft hätten wir wirklich nicht erwartet!
Chachapoyas selbst ist auch nett anzusehen. Es ist recht gemütlich dort und die weißen Häuser haben die für den kolonialen Stil typischen Holzbalkone. Es gibt natürlich einen Plaza Mayor und eine Fußgängerzone mit Cafés und Restaurants. Von Chachapoyas aus kann man neben dem Gocta-Wasserfall und der Festung Kuélap auch die oben beschriebenen Sarkopharge in Karajia besichtigen und das Museum mit seinen Mumien in Leymebamba. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann auch in das Naturschutzgebiet Alto Mayo fahren, doch wir hatten erstmal genug Dschungelfeeling. Viele besichtigen auch gleich noch Cajamarca, die geschichtsträchtige Stadt, in der der spanische Eroberer Pizarro den Inka-König Atahualpa gefangennahm und so den Untergang des Inka-Reiches einläutete. Der Ort des Geschehens war der Plaza de Armas, der Hauptplatz, der zu den größten Perus zählt. Außerdem ist Cajamarca der Sitz des Bistums, entsprechend bedeutende sakrale Gebäude finden sich hier, ebenso wie einige heiße Quellen, die gerne besucht werden.
Insgesamt ist der weniger touristische Norden Perus wirklich sehenswert und wir sind froh, den langen Umweg dorthin auf uns genommen zu haben. Nach einer 25-stündigen Busreise haben wir dann auch endlich Lima erreicht, wo wir uns in den kommenden Tagen den Bauch vollschlagen werden, denn Lima gilt als Foodie-Heaven und hat eine ausgeprägte Gastro-Szene mit einigen der besten Restaurants Südamerikas. Von Lima aus reisen wir jetzt doch erstmal nach Arequipa, bevor es von dort aus weiter nach Cusco geht, wo unser Peru-Abenteuer dann nach gut acht Wochen wohl sein Ende finden wird.
Wir reiben uns unsere vollen Bäuche und wünschen euch einen schönen Sonntag!
Hannah y Felix