Nachdem wir die letzten vier Wochen kontinuierlich gen Süden gefahren sind, kehren wir unsere Reiserichtung nun um 180 Grad in Richtung Norden. Unser Ziel ist wieder Valdivia, wo wir unser Mietauto zurückgeben müssen, doch auf der über 2000 Kilometer langen Strecken legen wir in den verbleibenden zwei Wochen natürlich einige Zwischenstopps ein.
Zunächst heißt es für uns erstmal: Auto fahren. Auf der Strecke von Puerto Natales bis nach Esquel in der argentinischen Provinz Chubut passiert auf 1400 Kilometern nicht viel. Wir machen nach etwas mehr als acht Stunden Autofahrt unseren ersten Stop in Gobernador Gregores, wo wir tanken und schlafen. Am nächsten Tag geht es weiter bis nach Perito Moreno. Die Fahrt dauert etwa fünf Stunden, doch wir wollen auf dem Weg noch die Cueva de las Manos besichtigen. Das UNESCO-Weltkulturerbe liegt etwa 100 Kilometer vor Perito Moreno und zeigt Handabdrücke (manos) und andere Zeichnungen, deren älteste bis auf das 8. Jahrtausend vor Christus zurückdatiert werden konnten, die jüngsten sind etwa 3000 Jahre alt.
Bis heute ist man sich nicht darüber einig, was der Sinn der Handabdrücke eigentlich ist. Die Hände sind fast ausschließlich als Negative dargestellt und größtenteils linke Hände. Manche Hände sind hervorgehoben, was auf die Hände von Anführern schließen lässt. Insgesamt wurden mehr als 2000 Handabdrücke gezählt. An einigen wenigen Stellen findet man auch zusammengehörige Paare von Händen. Insgesamt wurden mehr als 2000 Handabdrücke gezählt. Es wird vermutet, dass es sich bei den Malereien um einen Bestandteil zeremonieller Akte handelte oder eine Art Erinnerung geschaffen werden sollte.
Einige Zeichnungen zeigen Szenen einer Jagd von Guanakos, die vermutlich Teil der Nahrung der Bevölkerung waren. Auch einige abstrakte Malereien, wie Kreise oder Zickzack-Linien wurden entdeckt.
Erst 1941 wurde die abgelegene Höhle entdeckt und erstmals fotografiert. Als Besucher*in darf man heutzutage nicht mehr in die Höhle, sondern diese nur von außen betrachten, da im Inneren uralte Feuerstätten entdeckt wurden, die erhalten werden sollen. Bei den Farben handelt es sich um Pigmente farbige Mineralien wie Manganoxid oder Kupferoxid, nicht um aus Pflanzen gewonnenen Farben, was die bessere Haltbarkeit erklärt. Zudem wurden die Malereien mit Blut und Fett von Guanakos überzogen, um sie vor der Witterung zu schützen. Zum Anbringen verwendete man außerdem Gips, um die Haftbarkeit zu erhöhen.
Auf dem Weg nach Perito Moreno füllen wir wieder unsere Karma-Punkte auf und nehmen ein chilenisches Pärchen aus Santiago mit zu den Höhlen und bis nach Perito Moreno. Nachdem wir sie dort abgesetzt haben, suchen wir unsere Unterkunft und etwas zu essen. Beides ist eher am unteren Ende der Qualitätsskala und so sind wir froh, direkt am nächsten Morgen weiter nach Esquel fahren zu können. Die erste Nacht verbringen wir dort auf einem Campingplatz am Stadtrand.
Für die zweite Nacht fahren wir in den Nationalpark Los Alerces, wo man längere und kürzere Wanderungen machen und an wunderschönen Plätzen direkt am See campen kann. Die Wanderungen fallen bei uns eher kurz aus, denn wir sind immer noch ein bisschen müde und nicht wieder in Wanderstimmung… Der Weg mit dem Namen sendero cinco cascadas führt, anders als der Name sagt, nicht an fünf Wasserfällen vorbei und ist etwas steiler, als wir gedacht haben, dafür aber kurz und die fünf Kilometer schaffen wir in etwas mehr als einer Stunde. Am Gipfel angekommen können wir dann die Aussicht auf den See genießen und ein bisschen in der Sonne entspannen.
Das reicht uns erstmal mit Wandern, sodass wir uns am Nachmittag an den See setzen, im eiskalten Wasser baden und alkoholfreie Radler trinken. Unser Campingplatz liegt mitten im Nirgendwo und es ist herrlich entspannt und ruhig, selbst als er sich gegen Abend langsam füllt und bald fast alle Plätze belegt sind.
Am nächsten Tag stehen wir früh auf und genießen einen Sprung ins kühle Nass, bevor wir uns aufmachen. Wir suchen uns noch eine kurze, feine Wanderstrecke aus, die schön flach ist und 5,5 Kilometer durch den Wald am Fluss und See entlang führt. Bevor wir den Nationalpark wieder verlassen, frühstücken wir noch entspannt am See und fahren dann in Richtung Esquel zurück, wo wir die nächsten zwei Tage in einem kleinen Häuschen mit Garten verbringen, damit Felix arbeiten kann.
Unser nächster Stopp auf der Route in Richtung Norden ist das Städtchen El Bolsón mit dem Nationalpark Lago Puelo. Auch dort kann man wieder viel durch die wunderschöne Natur wandern oder in einer der zahlreichen Craftbeer-Brauereien ein Bierchen trinken.
Die Wanderungen waren dann aber doch etwas weniger herrlich, als wir das erwartet haben (das Bier haben wir nicht probiert, daher können wir dazu nichts sagen!). Für unsere Wanderung wählten wir den Weg zum Refugio Hielo Azul, ein an einem Gletschersee gelegenen Campingplatz. Mit Sack und Pack machten wir uns also auf den 12 Kilometer langen Weg zum Refugio, wo wir dann die Nacht verbringen wollten. Nicht nur war der Weg viel steiler als gedacht, es war auch unglaublich heiß und den langen Marsch bergauf muss man in der prallen Sonne absolvieren. Nicht zuletzt wegen der Sonne und fehlendem Regen war der Weg staubig und trocken und jeder von uns atmete gefühlt mehrere Kilo Dreck ein, während weitere Kilos von Dreck an unserer verschwitzten Kleidung haften blieb.
Erschöpft vom Anstieg erreichten wir dann das Camp, wo man sich im eiskalten Gletscherbach für einige Sekunden baden und erfrischen kann. Am nächsten Morgen starteten wir dann früh den recht schwierigen Aufstieg zum Gletschersee, der die Mühe unserer Meinung nach nicht wert war. Weil es am Gipfel auch ziemlich kalt und windig war, stiegen wir schnell wieder ab, frühstückten und machten uns auf den glücklicherweise deutlich weniger anspruchsvollen Rückweg. Früh losgehen hat sich gelohnt, denn die Hitze ist bis 12 oder 13 Uhr noch erträglich und wird gegen Nachmittag schon recht unangenehm.
Wie ihr vielleicht heraushören könnt, sind wir vom vielen Wandern mittlerweile einigermaßen erschöpft. Natürlich haben wir in den letzten Wochen auch atemberaubende, an landschaftlicher Schönheit kaum zu überbietende Wanderungen gemacht – da fällt es schwer, sich an steilen, staubigen Straßen mit mittelmäßigem Ausblick zu erfreuen. Aber wir sind für die kommende Woche nun mal in der argentinischen Schweiz und da müssen wir dann doch die ein oder andere Wanderung noch mitmachen. Ob diese einfacher und/oder landschaftlich etwas schöner daherkommen, erfahrt ihr am nächsten Sonntag. Bis dahin wünschen wir euch alle eine gute und gesunde Zeit!
Hannah y Felix